Der Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden im September 2024 hat schmerzhaft gezeigt, wie wichtig vorausschauende Prüfungen sind. Zum Glück gab es keine Verletzten – dennoch wird klar, welche Folgen unentdeckte Schäden haben können.
Brücken sind kritische Infrastruktur. Ihre Verkehrs- und Standsicherheit muss jederzeit gewährleistet sein. Konsequente Prüfungen nach DIN 1076 minimieren Risiken und machen Instandsetzungen planbar.
Warum regelmäßige Brückeninspektionen unverzichtbar sind
Ohne Prüfungen bleiben Korrosion, Risse, Verformungen oder Auskolkungen oft zu lange unentdeckt. Das erhöht das Risiko von Sperrungen und im Extremfall eines Einsturzes.
Früh erkannte Mängel lassen sich gezielt beheben. Das schützt die Standsicherheit, hält den Verkehr am Laufen und reduziert Lebenszykluskosten.
Rechtlicher Rahmen und Verantwortlichkeiten
DIN 1076 als anerkannte Regel der Technik
Die DIN 1076 definiert Ziel, Umfang und Ablauf der Bauwerksprüfung an Straßenbrücken und anderen Ingenieurbauwerken. Sie dient der Zustandserfassung und der frühen Schadenserkennung.
Sie legt fest, wie zu prüfen ist, welche Hilfsmittel zulässig sind und wie Ergebnisse zu dokumentieren sind.
Eigentümerpflicht, Haftung, Verkehrssicherung
Eigentümer und Verwalter tragen die Verantwortung für Erhalt, Standsicherheit und Verkehrssicherheit. Unterlassene Prüfungen können haftungsrechtliche Folgen haben.
Kommunen erfüllen eine Verkehrssicherungspflicht. Sie müssen Prüfungen veranlassen, Ergebnisse bewerten und Maßnahmen umsetzen.
Prüfarten, Fristen und Inhalte
Die DIN 1076 unterscheidet vier Prüfformen mit klaren Intervallen und Tiefenstufen.
Überblick der Prüffristen
| Prüfart | Intervall | Prüftiefe | Typische Hilfsmittel | Besonderheiten |
|---|---|---|---|---|
| Hauptprüfung | Alle 6 Jahre | Handnah an allen Bauteilen | Arbeitsbühnen, Untersichtgeräte, Reinigung | Abdeckungen öffnen, Lager prüfen, großer Zeitbedarf |
| Einfache Prüfung | 3 Jahre nach Hauptprüfung | Erweiterte Sichtprüfung | Ohne Spezialgeräte | Funktionsteile wie Lager, Fugen, Übergänge einbeziehen |
| Sichtprüfung | Jährlich (außer in Prüfungsjahren) | Allgemeine Sichtkontrolle | Keine Hilfsmittel | Durch Streckenkontrolleure, dokumentierte Auffälligkeiten |
| Sonderprüfung | Anlassbezogen | Situationsabhängig | Je nach Schaden | Nach Hochwasser, Anprall, Orkan, Eisgang, Ereignissen |
Prüfgegenstände und typische Schadensbilder
Geprüft werden unter anderem Überbau, Lager, Pfeiler, Widerlager, Fugen, Entwässerung, Beläge und Schutzeinrichtungen.
Gesucht werden Risse, Abplatzungen, Korrosion, Verformungen, Verschiebungen sowie Schäden durch Anprall, Wasser und Frost. Auch Auskolkungen und Anlandungen an Flusspfeilern gehören dazu.
Erweiterte Untersuchungen
Bei Bedarf kommen Verfahren wie Betonüberdeckungsmessung, Karbonatisierungstiefe, Bohrkernprüfung oder Chloridbestimmung zum Einsatz.
Für Metallbauteile werden Korrosionsgrad und Beschichtungsdicken geprüft. Endoskopie und Feuchtemessung ergänzen die Sichtprüfung.
Zugangstechnik: sicher handnah prüfen
Die Wahl der Zugangstechnik richtet sich nach Bauwerk, Lage und Sperrmöglichkeiten. Ziel ist stets die handnahe Prüfung bei optimaler Sicherheit.
Arbeitsbühnen für Brückeninspektionen
Mobile Arbeitsbühnen sind flexibel, schnell verfügbar und ideal, um Bauteile direkt zu erreichen.
| Bühnentyp | Stärken | Typische Daten | Einsatzbeispiel |
|---|---|---|---|
| LKW-Arbeitsbühne | Große Reichweite, hohe Mobilität | Arbeitshöhen bis ca. 40–50 m, seitlich bis ca. 20–25 m | Autobahnbrücken, breite Talquerungen |
| Gelenkteleskop | Knickarm über Hindernisse, präzise Positionierung | Ab ~12 m Arbeitshöhe | Pfeilerköpfe, Übergangskonstruktionen |
| Scherenbühne | Große Plattform, hohe Tragkraft | Plattformlängen bis ~7 m | Senkr. Zugang an Lärmschutzwänden, Unterseiten |
| Raupenbühne | Bodenschonend, Geländegängigkeit | Arbeitshöhen bis ca. 50 m | Uferbereiche, unbefestigte Aufstellflächen |
Brückenuntersichtgeräte
Spezielle Korb- und Steggeräte fahren vom Fahrbahnrand unter den Überbau. Sie überbrücken Kappen, Querneigungen und große Spannweiten.
Vorteile sind durchgängige Arbeitsbereiche, Korbbelastungen bis in den höheren dreistelligen Kilobereich und teilweise rollende Inspektionen ohne Abstützung.
Seilzugangstechnik
Industriekletterer erreichen Bereiche, die mit Technik kaum zugänglich sind. Das ist schnell, flexibel und kosteneffizient bei geringer Logistik.
Typisch sind visuelle Prüfungen, Dokumentation und kleinere Erhaltungsarbeiten an schwer erreichbaren Stellen.
Digitalisierung und moderne Technologien
Drohnen
Drohnen liefern hochauflösende Aufnahmen ohne Sperrungen. Automatisierte Befliegungen ermöglichen wiederholbare Messungen und KI-gestützte Schadensdetektion.
Das spart Rüstzeiten und dokumentiert Zustände lückenlos. Gerade bei großen Bauwerken sind Drohnen die ideale Ergänzung zur Handprüfung.
Building Information Modeling (BIM)
Mit BIM entstehen digitale Zwillinge über den Lebenszyklus. Schäden werden modellbasiert erfasst, visualisiert und ausgewertet.
As-built und as-maintained Modelle stärken Transparenz, Termin- und Kostensteuerung und verbessern das Erhaltungsmanagement.
Qualifikation: wer darf prüfen, wer darf bedienen
Bauwerksprüfer
Hauptprüfungen führen sachkundige Ingenieure mit Erfahrung durch. VFIB-Schulungen, Fortbildungen und gelebtes Qualitätsmanagement sind Standard.
Arbeitsbühnen bedienen
Für den Betrieb von Hubarbeitsbühnen gilt: Mindestalter 18 Jahre, Eignung und jährliche Unterweisung. Ein Bedienerausweis wie der IPAF-Schein wird empfohlen.
Zustandsbewertung und Priorisierung
Zustandsnoten und Traglastindex
Brücken erhalten eine Zustandsnote von sehr gut bis ungenügend. Ab nicht ausreichendem Zustand besteht Sanierungsbedarf.
Der Traglastindex vergleicht aktuelle Belastbarkeit mit der Brückenklasse. Defizitäre Indizes signalisieren Handlungsdruck.
Beispielhafte Zustandslage
Regionale Statistiken zeigen ein breites Spektrum vom sehr guten bis zum sanierungsbedürftigen Zustand. Die Werte steuern Programme und Budgets.
Lebenszyklus und Wirtschaftlichkeit
Kosten über die Nutzungsdauer
Der größte Kostenblock entsteht in der Instandhaltung. Kontinuierliche Pflege ist günstiger als verspätete Großsanierungen.
Integrale Bauweisen können über den Lebenszyklus wirtschaftlicher sein, weil sie weniger wartungsintensive Fugen und Lager besitzen.
Verkehrssicherung und Arbeitsschutz
Absicherung im Verkehrsraum
Prüfungen an Straßen, Bahn und Wasserstraßen erfordern Genehmigungen, verkehrsrechtliche Anordnungen und eine Absicherung nach RSA.
Die Koordination mit Dritten reduziert Sperrzeiten und erhöht die Arbeitssicherheit.
Höhensicherheit und Rettung
PSAgA ist dort Pflicht, wo Absturzgefahr besteht. Rettungskonzepte müssen vor Arbeitsbeginn feststehen.
Einweisung, Notfallübungen und regelmäßige Wartung der Ausrüstung sind unverzichtbar.
Dokumentation und Nachverfolgung
Jede Prüfung endet mit einem strukturierten Bericht. Dazu gehören Zustandsbeschreibung, Fotodokumentation, Bewertung und Maßnahmenempfehlung.
Digitale Systeme erleichtern den Vergleich über Jahre und die Priorisierung im Erhaltungsmanagement.
Fazit: Prüfstrategie konsequent leben
Regelmäßig, handnah, dokumentiert – so bleiben Brücken sicher und verfügbar. Moderne Technik von Drohne bis BIM unterstützt, ersetzt aber nicht die qualifizierte Sicht- und Handprüfung.
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