Beim Heben schwerer Lasten zählt Präzision. Lastdiagramme zeigen dir auf einen Blick, welche Last in welcher Konfiguration zulässig ist. Wer sie sicher liest, vermeidet Überlast, Kippmomente und Stillstände.
Dieser Guide liefert dir alles Wichtige: Grundlagen verstehen, Diagrammarten kennen und Traglastwerte korrekt interpretieren – für Stapler, Krane und Arbeitsbühnen. Kompakt, praxisnah und auf den Punkt.
Lastschwerpunkt Online-Rechner
Was ist ein Lastdiagramm?
Ein Lastdiagramm ist die verbindliche Tragfähigkeitsangabe deiner Maschine. Es zeigt die erlaubte Last in Abhängigkeit von Hubhöhe, Ausladung, Auslegerwinkel und Lastschwerpunkt. Es ist Teil der Betriebsanleitung und häufig am Bedienstand angebracht.
Wichtig: Lastdiagramme sind keine Empfehlung, sondern Grenzwerte. Sie ergeben sich aus Normen, Prüfungen und Sicherheitsfaktoren. Wer darüber geht, stellt die Standsicherheit außer Kraft.

Beispiel-Abbildung eines Merlo Lastdiagramms.
Wo findest du das Lastdiagramm?
Typisch sind drei Orte: Bedienpult/Kabine (Aufkleber), Handbuch (Tabellen & Grafiken) und bei modernen Maschinen das Display mit Live-Anzeige. Bei Anbaugeräten (z. B. Gabelverlängerungen, Kranarm) gilt ein separates Diagramm.
Welche Diagrammarten gibt es?
Je nach Maschine nutzt der Hersteller grafische, tabellarische oder hybride Darstellungen. So ordnest du sie ein:
| Diagramm-Typ | Darstellung | Stärke | Typischer Einsatz |
|---|---|---|---|
| Grafisch | Kurven/Zonen nach Ausladung & Winkel | Schneller Überblick, intuitiv | Krane, Teleskop- & Gelenkbühnen |
| Tabellarisch | Matrizen mit Zahlenwerten | Exakte Entscheidung, Vergleich | Gabelstapler, Lagertechnik |
| Hybrid/Digital | Live-Resttragfähigkeit im Display | Echtzeit, Fehlersicherheit | Moderne Krane & Bühnen |

Rechtlicher Rahmen und relevante Normen
Der sichere Betrieb von Staplern und Teleskopstaplern ist nicht nur eine Frage der Technik, sondern auch der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und Normen. Sie legen fest, wie Maschinen geprüft, betrieben und gewartet werden müssen. Für Bediener bedeutet das: Lastdiagramme und Begleittabellen sind verbindlich einzuhalten, zusätzlich greifen klare Regeln aus Normen, Richtlinien und Unfallverhütungsvorschriften. Diese Vorgaben sorgen dafür, dass Standsicherheit, Traglastgrenzen und Arbeitsschutz jederzeit gewährleistet sind.
| Norm / Regelwerk | Geltungsbereich | Kurzbeschreibung | Anwendbare Maschinen | Wichtige Anforderungen |
|---|---|---|---|---|
| EN 1459 | Teleskopstapler | Sicherheitsanforderungen und Prüfverfahren für Teleskopstapler | Teleskopstapler | Standsicherheit, Hubgerüstprüfung, Kennzeichnung |
| ISO 9927-1 | Allgemeine Prüfung von Hebezeugen | Inspektion und Wartung von Hebezeugen | Stapler mit Hebezeugen, Krane | Regelmäßige Sicht- und Funktionsprüfung |
| ISO 10896-1 | Krane – Sicherheit | Allgemeine sicherheitstechnische Anforderungen | Stationäre und fahrbare Krane | Traglastangaben, Lastbewegungen, Bremsleistung |
| ISO 12480-1 | Krane – Bedienung und Schulung | Anforderungsprofil für Bedienpersonal | Krane aller Art | Qualifikation, Einweisung, Unterweisung |
| DGUV Regel 100-500 | Flurförderzeuge | Unfallverhütungsvorschriften für Wartung, Prüfung und Betrieb | Stapler, Hubwagen | Verantwortlichkeiten, Prüffristen, Dokumentation |
| DGUV Regel 114-024 | Betrieb von Teleskopstaplern | Spezielle Vorgaben für Einsatz und Betrieb | Teleskopstapler | Einsatzgrenzen, Unterweisung, persönliche Schutzausrüstung |
| Maschinenrichtlinie 2006/42/EG | EU-weit für alle Maschinen | Konformitätsbewertung und CE-Kennzeichnung | Alle Maschinen | Risikobeurteilung, CE-Kennzeichnung, Technische Dokumentation |
| BetrSichV | Deutschland | Betriebssicherheitsverordnung für Arbeitsmittel | Alle im Betrieb eingesetzten Maschinen | Gefährdungsbeurteilung, Prüfpflicht, Unterweisung |
Praxis-Hinweis: Bediener bzw. Staplerfahrer - und Betreiber müssen diese Vorgaben kennen und konsequent umsetzen. Wer Normen ignoriert, riskiert nicht nur die Betriebserlaubnis, sondern auch Bußgelder und Haftungsfälle im Schadensfall.
So liest du Lastdiagramme richtig
Der sichere Ablauf ist immer gleich: Konfiguration festlegen → im Diagramm den zugehörigen Wert finden → Grenzwert nicht überschreiten. Lies Fußnoten und Symbole – hier stehen oft Einschränkungen (Wind, Abstützbreite, Sonderausrüstung).
Stapler: Hubhöhe & Lastschwerpunkt im Griff
Beim Stapler hängt die Tragfähigkeit vor allem von Hubhöhe und Lastschwerpunktabstand ab. So gehst du vor:
- Lastschwerpunkt bestimmen (Standard oft 500 mm; mit Anbaugerät größer).
- Hubhöhe wählen und zugehörige Traglast ablesen.
- Anbaugerät einrechnen: Eigengewicht + Schwerpunktverschiebung reduzieren die zulässige Last.
Beispiel: 2,5 t-Stapler bei 500 mm Lastschwerpunkt → 2.500 kg. Mit 800 mm Schwerpunkt und 200 kg Anbaugerät kann die zulässige Last unter 1.500 kg fallen.

Krane: Ausladung killt Tragfähigkeit
Beim Kran sinkt die zulässige Last mit der Ausladung (Radius). Dazu kommen Auslegerlänge/-winkel, Abstützmodus und ggf. Jib.
- Konfiguration prüfen: Hauptausleger/Jib, Haken, Abstützbreite.
- Ausladung auf der horizontalen Achse wählen.
- Auslegerwinkel/-länge abgleichen (Matrix oder Kurve).
- Traglast ablesen und alle Fußnoten beachten.
- Wind beachten: Viele Werte gelten nur bis zur angegebenen Windklasse.
- Abstützung: Schmal abgestützt ≠ volle Traglast.
- Dynamik: Rucke, Schwingen und Böen erzeugen Lastspitzen → Sicherheitsreserve einplanen.
Arbeitsbühnen: Plattformlast & Reichweite
Scherenbühnen haben oft eine feste Plattformlast. Teleskop-/Gelenkbühnen arbeiten mit Arbeitsdiagrammen je nach Auslegerstellung. Der Überlastschutz begrenzt automatisch, wenn die Plattformlast überschritten wird.

Lastschwerpunktabstand (Stapler) – kurz & knackig
- Schwerpunkt der Last bestimmen (bei asymmetrischen Lasten real einschätzen).
- Abstand von der Vorderachse bis zum Schwerpunkt messen.
- Anbaugerät berücksichtigen (vergrößert den Abstand, reduziert die Traglast).
- Mit Typenschild/Diagramm abgleichen – nie darüber.
Begleittabellen: die Details hinter dem Lastdiagramm
Neben der grafischen Darstellung liefern Begleittabellen die entscheidenden Zahlen für Planung, Dokumentation und Nachweisführung. Sie ergänzen das Diagramm um belastbare Werte für Risikoabschätzung, Gerätewahl und Arbeitsvorbereitung.
- Tragfähigkeitskurve für Ausleger-Statik: numerische Werte je Auslegerlänge/Winkel und Ausladung, inkl. zulässiger Lasten pro Rasterpunkt – ideal für Feinplanung und Nachrechnen.
- Kippsicherheitsdaten (Kippmoment): tabellierte Stabilitätsreserven mit Referenz auf Stützbreite, Ballast, Neigung und Wind; Grundlage für Sicherheitsfaktoren und Freigaben.
- Detailliertes Betriebsprofil: Zykluszeiten, Hub-/Senkprofile, Lastkollektive und Bewegungsanteile zur Abschätzung von Taktleistung, Energiebedarf und Verschleiß.
- Hydraulikkennwerte vs. Hubhöhe: Druck-/Volumenstrom, Zylindergeschwindigkeiten, Endlagendämpfung und Thermikgrenzen je Hubhöhe und Last – wichtig für Performance und Hitzemanagement.
Praxis-Tipp: Begleittabellen immer mit Versionsstand, Randbedingungen (Wind, Abstützung, Anbaugeräte) und Einheiten ablegen – nur so sind Berechnungen reproduzierbar und auditfest.
Digitale Hilfe: Live-Load-Anzeige
Viele moderne Maschinen zeigen die Resttragfähigkeit in Echtzeit. Das System bezieht Auslegerstellung, Neigung und teils Wind ein. Vorteil: weniger Rechenfehler, mehr Sicherheit, höhere Produktivität.
Typische Fehler – und wie du sie vermeidest
| Problem | Wahrscheinliche Ursache | Sichere Lösung |
|---|---|---|
| Stapler kippt nach vorn | Lastschwerpunkt größer als angenommen, Anbaugerät nicht berücksichtigt | Schwerpunkt exakt ermitteln, Diagramm für Anbaugerät nutzen, Last reduzieren |
| Kran erreicht Last nicht | Radius größer als geplant, falsches Tabellenfeld gewählt | Ausladung neu messen, richtige Konfiguration wählen, Sicherheitsreserve einplanen |
| Bühne schaltet ab | Plattform überladen oder Neigung zu groß | Gewicht reduzieren, Untergrund/Neigung prüfen, Arbeitsdiagramm einhalten |
| Werte „passen“ nur auf dem Papier | Fußnoten/Windgrenzen übersehen, dynamische Lastspitzen | Fußnoten lesen, Wind prüfen, keine „Kante“-Planung – 10–20 % Reserve |
Quick-Check vor jedem Hub
| Frage | Ja/Nein | Was tun, wenn „Nein“? |
|---|---|---|
| Stimmt die Konfiguration mit dem Diagramm überein? | Richtige Tabelle/Seite wählen, Konfiguration anpassen | |
| Alle Anbaugeräte im Wert berücksichtigt? | Spezifisches Diagramm verwenden, Last korrigieren | |
| Ausladung/Hubhöhe korrekt gemessen? | Messung wiederholen, Einweiser nutzen | |
| Wind/Neigung innerhalb der Freigabe? | Einsatz anpassen oder stoppen | |
| 10–20 % Reserve eingeplant? | Last reduzieren oder Reichweite verkürzen |
Praxisbeispiel: Der „knappe“ Hub
Ein Teleskopstapler hebt 1.200 kg bei 3 m Ausladung. Am Einsatzort sind es 5 m – das Diagramm erlaubt dort nur 800 kg. Ergebnis: Der Hub ist so nicht zulässig. Lösung: Last teilen, näher heran, oder Gerät mit größerer Tragfähigkeit einsetzen.
Praxistipps für den sicheren Umgang mit Lastdiagrammen
Damit Lastdiagramme im Alltag nicht nur Theorie bleiben, sondern wirklich Sicherheit schaffen, helfen klare Routinen und einfache Kontrollschritte. Entscheidend ist, dass Bediener die Werte nicht „überfliegen“, sondern konsequent in ihre Arbeit einbeziehen. Folgende Tipps erleichtern den sicheren Umgang:
- Vor Arbeitsbeginn prüfen: Lastdiagramm, Begleittabellen und Typenschild mit der aktuellen Konfiguration abgleichen.
- Reserve einplanen: Nie an der Grenze arbeiten, sondern immer 10–20 % Sicherheitsreserve berücksichtigen.
- Anbaugeräte einrechnen: Eigengewicht und Schwerpunktverlagerung jedes Anbaugeräts in die Berechnung aufnehmen.
- Wind und Neigung beachten: Werte gelten nur für die im Diagramm festgelegten Einsatzbedingungen – Abweichungen reduzieren die Traglast.
- Fußnoten lesen: Einschränkungen in Tabellen und Diagrammen sind verbindlich, auch wenn sie klein gedruckt sind.
- Digitale Hilfen nutzen: Moderne Maschinen mit Resttragfähigkeitsanzeige reduzieren Rechenfehler und erhöhen die Sicherheit.
- Team einbinden: Bei knappen Hubs einen Einweiser einsetzen, der Abstände, Ausladung und Lastaufnahmen kontrolliert.
Merksatz für die Praxis: Erst prüfen, dann heben – wer das Lastdiagramm Schritt für Schritt liest, vermeidet Stillstände, Schäden und gefährliche Situationen.
Fazit
Lastdiagramme sind dein Sicherheitsnetz. Wer Konfiguration, Ausladung und Lastschwerpunkt sauber prüft, hebt sicher, effizient und rechtskonform. Plane mit Reserve, lies Fußnoten – und nutze, wo vorhanden, digitale Resttragfähigkeitsanzeigen.






























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