Pendelachsen sind ein entscheidendes Bauteil moderner Arbeitsbühnen, Teleskopstapler und Geländemaschinen. Sie sorgen dafür, dass Maschinen auch auf unebenem Untergrund stabil bleiben und sicher arbeiten können. In diesem Ratgeber erklären wir Technik, Sicherheitsanforderungen, Wartung, Fehlerdiagnose und Zukunftstrends – praxisnah, verständlich und mit echten Beispielen aus dem Einsatzalltag.
Grundlagen – was ist eine Pendelachse?
Eine Pendelachse gleicht Bodenunebenheiten aus, indem sich die Räder unabhängig voneinander bewegen. Während bei einer Starrachse beide Räder fest miteinander verbunden sind, erlaubt die Pendelachse, dass ein Rad absinkt oder ansteigt, ohne dass der Rahmen kippt. Dadurch bleibt die Maschine stabil, selbst wenn der Boden nachgibt.

Die Pendelachse gleicht Bodenunebenheiten aus und sorgt dafür, dass alle Räder immer Kontakt zum Boden behalten.
Vorteile auf einen Blick
- Gleichmäßiger Bodenkontakt auf unebenem Gelände
- Weniger Rahmenbelastung und Materialverschleiß
- Bessere Traktion und geringeres Risiko seitlicher Neigung
- Höhere Einsatzsicherheit auf Baustellen
Aufbau und Funktionsweise
Die Pendelachse ist über ein zentrales Gelenk oder einen Drehpunkt mit dem Hauptrahmen verbunden. Zwei Hydraulikzylinder erlauben das kontrollierte Auspendeln, während Ventile das System bei Arbeitsvorgängen blockieren. Im Fahrbetrieb kann sich die Achse frei bewegen; wird die Bühne angehoben, sperrt ein Magnetventil automatisch die Pendelbewegung.
Hydraulische Steuerung und Sperrung
Die Hydraulik der Pendelachse arbeitet mit zwei unterschiedlichen Druckbereichen: Der Betriebsdruck der Zylinder liegt bei 300–600 bar, während der Öffnungsdruck des Sperrventils bei nur 12 ± 2 bar liegt. Der niedrige Sperrdruck hält das Ventil geschlossen, bis die Achse bewusst entriegelt wird. Rückschlagventile sichern den Druck auch bei Leitungsbruch.
Technische Kennwerte
- Ausgleichsweg: 10–45 cm
- Öffnungsdruck Sperrventil: 12 ± 2 bar
- Max. Volumenstrom: 20–30 l/min
- Zylinderdruckbereich: bis 600 bar
Sicherheitsaspekte und Standsicherheit
Die Pendelachse beeinflusst direkt die Standsicherheit. Eine ungesperrte oder defekte Achse kann gefährliche Neigungsänderungen verursachen. Bereits geringe Winkelabweichungen erhöhen das Kippmoment deutlich, besonders bei großen Auslegern.
Technischer Hintergrund
Die Standsicherheit wird nach EN 280 berechnet. Das Verhältnis aus Standmoment und Kippmoment muss mindestens 1,25 betragen:
SS = Standmoment / Kippmoment ≥ 1,25
Sinkt dieser Wert, droht Instabilität – insbesondere bei unebenen Böden oder asymmetrischer Korblast.
Kritische Neigungswinkel
- Seitliche Neigung: max. 3–5°
- Längsneigung: bis 8°
- Mit ausgefahrenem Korb: max. 2–3° seitlich
Beispielrechnung – kritisches Szenario
Beispielhafte Extremsituation (Genie S-65 XC): Eigengewicht: 8.000 kg Tragkraft Korb: 450 kg Ausladung: 18 m Spurweite: 2,5 m Kippmoment = 450 kg × 18 m = 8.100 kgm Standmoment = 8.000 kg × 1,25 m = 10.000 kgm Sicherheitsfaktor = 10.000 / 8.100 = 1,23 → kritische Grenze
Diese Berechnung zeigt eine bewusst verschärfte Situation. In der Praxis liegt der Sicherheitsfaktor bei den meisten Maschinen (z. B. Genie S-65 XC) deutlich höher – typischerweise zwischen 1,4 und 1,6. Sie verdeutlicht jedoch, wie schnell Standsicherheit verloren gehen kann, wenn die Pendelachse nicht gesperrt ist.
Empfohlene Maßnahmen
- Vor jedem Hub: Sperre prüfen
- Neigungssensoren regelmäßig kalibrieren
- Warnsysteme aktiv halten
- Bedienerschulungen mit Schrägstandszenarien durchführen
Hersteller und Systeme
| Hersteller | Modelle | Systemart |
|---|---|---|
| Genie | S-45 XC, S-65 XC, SX-180 | Aktive Hydraulik-Pendelachse |
| Manitou | MH 25-4, M 30-4, M 50-4 | Mechanisch pendelnd mit autom. Sperre |
| JCB | Industry Plus / Pro | Standard-Pendelachse |
| Dinolift | Dino 210XT II | Hydraulisch mit Sensorsteuerung |
Genie Scherenbühnen mit Pendelachse – Übersicht
Genie bietet bei Scherenarbeitsbühnen optionale Pendelachsen an – sie sind nicht bei allen Modellen serienmäßig.
Gelände-Scherenarbeitsbühnen (GS-RT Reihe)
| Modell | Antrieb | Pendelachse | Arbeitshöhe |
|---|---|---|---|
| GS-2669 RT | Diesel | Optional | 10,0 m |
| GS-3369 RT | Diesel | Optional | 11,0 m |
| GS-4390 RT | Diesel | Optional | 13,4 m |
| GS-5390 RT | Diesel | Optional | 13,4 m |
Hybrid-Modelle (GS-BE Reihe)
| Modell | Antrieb | Pendelachse | Arbeitshöhe |
|---|---|---|---|
| GS-2669 BE | Hybrid | Optional | 9,7 m |
| GS-3369 BE | Hybrid | Optional | 11,0 m |
| GS-4069 BE | Hybrid | Optional / Serienmäßig | 12,2 m |
Elektro-Modelle (GS-DC Reihe)
| Modell | Antrieb | Pendelachse | Arbeitshöhe |
|---|---|---|---|
| GS-2669 DC | Elektro | Aktive Pendelachse serienmäßig | 9,7 m |
Unterscheidung – RT vs. DC vs. BE
| Reihe | Bedeutung | Pendelachse | Typischer Einsatz |
|---|---|---|---|
| RT | Rough Terrain (Diesel) | Optional | Baustellen im Freien |
| DC | Diesel / Electric (Hybrid) | Oft serienmäßig | Flexibel Innen / Außen |
| BE | Bi Energy (Neue Hybrid-Serie) | Optional / Serienmäßig | Modern und umweltfreundlich |
Wichtig: Pendelachse ist optional, nicht Standard
Das bedeutet:
- Pendelachse kann bestellt werden
- Ist nicht automatisch dabei
Kleine Scherenarbeitsbühnen wie die GS-1530 / GS-1930 / GS-2032 besitzen KEINE Pendelachse.
Wirtschaftlichkeit
Pendelachsen erhöhen die Anschaffungskosten leicht, reduzieren jedoch Ausfallzeiten und Wartungskosten erheblich. Besonders im Mietgeschäft rechnet sich der Einsatz schnell.
Kostenübersicht
- Zylinderreparatur: 800–2.000 €
- Leitungsreparatur: 500–1.500 €
- Komplette Achse: 8.000–15.000 €
Fehlerdiagnose und Fehlersuche
Fehler an der Pendelachse zeigen sich oft erst unter Last. Eine strukturierte Diagnose verhindert unnötige Stillstände.
Fehlerdiagnose-Tabelle
| Symptom | Ursache | Prüfschritt | Lösung |
|---|---|---|---|
| Asymmetrischer Zylinderstand | Ventil klemmt / ungleiche Druckverteilung | Druck links / rechts messen | Ventilblock reinigen oder kalibrieren |
| Verzögerte Sperrung | Undichtigkeit oder Magnetventil verschlissen | Druckverlauf beim Sperren beobachten | Ventil ersetzen |
| Achse bleibt gesperrt im Fahrbetrieb | Ventil in geschlossener Position blockiert | Magnetspannung prüfen | Spule erneuern |
| Warnleuchte „Achse“ blinkend | Sensordefekt / CAN-Fehler | Stecker prüfen, Fehlerspeicher auslesen | Sensor ersetzen |
| Ölflecken unter Maschine | Haarriss oder poröse Leitung | Drucktest (150 bar) | Leitung ersetzen |
Druck- und Sperrfunktion prüfen
Der Öffnungsdruck des Sperrventils sollte bei 12 ± 2 bar liegen. Abweichungen deuten auf Ventilverschleiß hin. Um die Sperrfunktion zu prüfen, aktiviert man die Sperre und beobachtet, ob die Pendelachse stabil bleibt – keine sichtbare Bewegung oder Neigungsänderung. Moderne Maschinen zeigen den Sperrstatus zusätzlich über Sensoren im Display an.
Leckstrom
Leckströme sollten die Herstellervorgaben nicht überschreiten. Eine gesperrte Achse darf sich nicht messbar absenken. Werte über 1 l/min erfordern eine Inspektion oder den Austausch des Ventils.
Wartung und Prüfung
Tägliche Kontrolle
- Sichtprüfung auf Ölverlust und Risse
- Sperrfunktion testen
- Warnleuchten prüfen
- Bodenfreiheit vergleichen
Checkliste Sicht-und Funktionsprüfung
Jährliche UVV-Prüfung
- Ventil- und Zylinderfunktion prüfen
- Drucktest und Sensorik-Check
- Leitungen auf Scheuerstellen kontrollieren
- Ergebnisse im UVV-Protokoll dokumentieren
Unterschiede der Achsarten
| Systemtyp | Merkmale | Vorteile | Nachteile |
|---|---|---|---|
| Starrachse | Feste Verbindung | Einfach, robust | Keine Bodenanpassung |
| Eingelenk-Pendelachse | Zentraler Drehpunkt | Leicht, kompakt | Begrenzter Ausgleichsweg |
| Zweigelenk-Pendelachse | Zwei Drehpunkte | Hohe Stabilität | Komplexere Hydraulik |
| Adaptive Pendelachse | Sensor- und Softwaresteuerung | Automatische Anpassung | Teurer, wartungsintensiver |
Messung und Prüfung in der Praxis
Statischer Ausgleichstest
Maschine auf 10°-Rampe stellen und Höhenunterschied der Räder messen. Sollwert: 10–45 cm. Abweichung > 10 % → Überprüfung erforderlich.
Funktions- und Ventilprüfung
Statische Funktionsprüfung: Maschine anheben, Sperre aktivieren, prüfen, ob die Achse nicht mehr pendelt (visuell oder über Neigungssensor).
Ventil-Check: Manometer am Prüfanschluss anschließen – Öffnungsdruck sollte 12 ± 2 bar betragen. Abweichungen über 15 % erfordern Justage oder Austausch.
Protokollierung
Alle Prüfungen sind im UVV-Bericht zu dokumentieren – mit Datum, Prüfer, Druckwerten und eventuellen Abweichungen. Nur so bleibt die Betriebssicherheit nachweisbar.
Geschichte und Entwicklung
Die Pendelachse entstand im Automobilbau der 1930er-Jahre (z. B. Auto Union Typ A, Mercedes 190 SL). Ab den 1980er-Jahren übernahm die Bau- und Hebetechnik das Prinzip – zunächst mechanisch, später hydraulisch mit Sperrventilen. Heute dominieren adaptive Systeme mit elektronischer Regelung und Sensorik.
Zukunft und Trends
Adaptive Pendelachsen passen sich automatisch an den Untergrund an. Sensoren messen Neigung und Lastverteilung in Echtzeit und steuern den Hydraulikdruck entsprechend. Neue Werkstoffe wie Aluminium und Faserverbund reduzieren Gewicht und Energieverbrauch – ein wichtiger Faktor bei elektrischen Bühnen.
Normen und Vorschriften
- EN 280: Sicherheitsanforderungen für Hubarbeitsbühnen
- ISO 3691-4: Geländefähige Flurförderzeuge
- DGUV 208-043: Arbeiten auf Regalanlagen
- TRBS 2121: Technische Regeln für Betriebssicherheit
Schulung und Bedienerqualifikation
BIBERGER führt die Schulungen nach dem SYSTEM CARD-Standard durch – einer anerkannten Qualifikation gemäß DGUV 308-008. Die SYSTEM CARD ist gleichwertig zur IPAF-Zertifizierung und berechtigt zum sicheren Bedienen von Arbeitsbühnen aller Typen.
In der eintägigen Schulung lernen Teilnehmer, Pendelachsen korrekt zu nutzen, Sicherheitsprüfungen durchzuführen und typische Fehler zu erkennen. Nach erfolgreichem Abschluss erhalten sie die SYSTEM CARD, die fünf Jahre gültig ist und in ganz Europa anerkannt wird.
Schulungsinhalte nach DGUV 308-008
- Aufbau und Wirkungsweise der Pendelachse
- Manuelle vs. automatische Sperrung
- Funktionsprüfung vor Arbeitsbeginn
- Erkennen von Fehlermeldungen und Warnsignalen
- Verhalten bei Druckverlust oder Leitungsbruch
Praxisbeispiel – Unfallanalyse
Ein dokumentierter Fall zeigt: Eine Gelenkbühne kippte bei 12 m Arbeitshöhe, weil die Pendelachse nicht gesperrt war. Heute verhindern automatische Sperrventile und Warnsysteme solche Situationen zuverlässig.
Glossar wichtiger Fachbegriffe
- Pendelachse: Achse mit vertikalem Ausgleich zwischen Rädern
- Sperrventil: Hydraulikventil, das die Pendelbewegung blockiert
- Rückschlagventil: Ventil zur Druckerhaltung bei Leitungsbruch
- UVV-Prüfung: Jährliche Sicherheitsprüfung nach DGUV V3
- Neigungssensor: Sensor zur Überwachung der Maschinenstabilität
Fazit
Pendelachsen sind mehr als nur ein technisches Detail – sie sind ein zentrales Sicherheits- und Komfortelement. Wer ihre Funktion versteht, regelmäßig prüft und sachgerecht wartet, arbeitet sicherer – und spart langfristig Kosten durch weniger Ausfälle und längere Maschinenlebensdauer.






























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